Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Donnerstag, 28. Juli 2011

Englische Inseln

Der Dichter und Mystiker Novalis schrieb einst "Jeder Engländer ist eine Insel." Auf die letztes Wochenende von uns gegangene Soul-Liedermacherin dürfte das durchaus zugetroffen haben. Fragt sich nur, wer oder was das sie umspülende Meer gewesen sein mochte: Ihr Seelenpanzer, der sie vor den Zumutungen dieser Welt abschirmen sollte oder der Haufen bewusstseinsverändernder Substanzen. Schaut man sich Amy an, so muss man jedenfalls zur Ansicht gelangen, es lohne sich nicht, Engländerin oder gar englische Künstlerin zu sein.
Aber es geht auch anders. Wer letzte Woche das Glück hatte, unserer Lesung beizuwohnen, wird gesehen haben, dass Jacinta Nandi den Novalis Lügen straft. Sie ist das uninselhafteste Wesen der nördlichen Erdhalbkugel, wie ihr euch auf diesem Video überzeugen könnt.

Da sie unsere Herzen so sehr erwärmt hat, wird sie uns heute noch einmal beehren. Und unser guter alter Freund Ahne wird nicht nur neue Zwiegespräche mit Gott im Gepäck bereithalten, sondern sogar Platten auflegen.
20:30 Uhr stimmt die Schreibmaschine ihr Liedchen an.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Ritter, Schelme und Jacinta

Einer neuen Studie italienischer und englischer Wissenschaftler zufolge litten die mittelalterlichen Ritter enorm unter der Last ihrer Rüstungen. Gelenkschäden, Sauerstoffmangel in Kombination mit Flachatmung, Desorientierung waren die Folge, die letztlich auch zum Verlust der Schlacht von Azincourt am 25. Oktober 1415 führte.
Wir haben leicht Spotten: Die Tage, da man geharnischt herumreiten muss, um nicht von feindseligen Bauern angegriffen zu werden, sind vorbei.
Andererseits besteht man darauf, dass die Karosserien der Wagen, in denen man sich in einer Geschwindigkeit durch die Gegend kutschieren lässt, die jeden Ritterrappen vor Neid erbleichen ließe, ebenfalls aus genormter Blechpanzerung besteht.
Wilhelm Reich, der alte Psycho-Schelm, sprach gar von einem Körperpanzer, mit dem wir modernen Neurotiker uns umgeben und der nur durch andauerndes sexuelles Training gelockert würde.
Am kommenden Donnerstag ist erstmals Jacinta Nandi bei uns zu Gast. Wenn das kein Grund ist, uns ab 20.30 Uhr zu besuchen, dann gleicht die Welt einer Bananenschale, die traurig in einem der letzten DDR-Papierkörbe im Plänterwald vor sich hin gammelt, unfähig, den Sinn des Lebens auch nur annähernd zu erfassen, geschweige denn, diesen Gedanken in modernem Deutsch wiederzugeben.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Kampf gegen den Selbstzwang zur Lohnarbeit

Die Inhaberin des Waffel-Verkaufsstands im Ostseebad Wustrow entzieht sich seit Jahren auf bemerkenswerte Weise dem Druck kapitalistischer Verwertungslogik: Trotz Monopolstellung, trotz langer Schlangen vor ihrem Laden, trotz vieler potentieller Kunden, die angesichts dieser Schlangen sich das Waffelkaufen schulterzuckend verkneifen, besteht die fettleibige Dame des profanen Subgenres des Konditoreigewerbes darauf, mit nur einem Waffeleisen klarzukommen. Dieser scheinbare Mangel an Produktionsmitteln verschafft der Madam immerhin zwischen ihren kurzen Teigaufgieß-Arbeits-Stößen angenehme Pausen von zirka 3 Minuten. Ungeachtet der enormen Nachfrage in der Urlaubs-Hochsaison öffnet sie ihre Bude erst mittags, und so kommt sie bei einem Acht-Stunden-Tag auf eine Gesamt-Pausen-Zeit von sechs Stunden. Dieser Luxus wäre natürlich hin, sobald sie sich ein zweites Waffel-Eisen zulegen würde. Die Profanität des Waffelgenusses für Urlauber darf den Kampf gegen den Selbstzwang zur Lohnarbeit nicht erschüttern. Wollen wir hoffen, dass sich unter all den Eis-, Wurst- und Fischbuden kein Konkurrent findet, der sich für 27,- Euro ein Waffeleisen in seine Eisbude stellt.

Unser alter Freund und Verfasser des liebreizenden Buches "Die Schwarte Mamba" Gotti, wird uns morgen durch seine Anwesenheit beehren.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Müller. Nein, nicht der.

"Eine Mühle seh ich blinken
aus den Erlen heraus.
Durch Rauschen und Singen
Bricht Rädergebraus
Ei willkommen, ei willkommen
Süßer Mühlengesang!"

Die romantischen Dichter des 19. Jahrhunderts konnten durchaus auf ein gemeinsames Verständnis der Alltagswelt bauen?
Wer kann heute noch eine Erle von einer Ulme unterscheiden?
Wer weiß, wo sich die nächste Mühle in seiner Umgebung befindet? (Kleiner Tip: "Back-Shop 2000" ist es nicht.)
Und wer wüsste, wie der Dichter dieser Zeilen heißt, die längst vergessen wären, wenn sie nicht durch einen österreichischen Komponisten konserviert worden wären. (Wobei "österreichischer Komponist" für das 19. Jahrhundert beinahe ein Pleonasmus ist.)

Gerhard Henschel, dessen Werke aneinandergelegt eine Reise für zwei Personen von hier bis nach Indonesien ergäben, beehrt uns heute mit seiner Anwesenheit.